BdB-Jahrestagung 2018

Unter dem Motto "Jetzt erst recht: Das Überleben der beruflichen Betreuung sichern!" fand die BdB-Jahrestagung 2018 statt.

"Sie sind die Helden und Heldinnen der Selbstbestimmung"

Berlin, 3. Mai 2018 -  "Es liegt in der DNA des BdB, dass wir uns selbstverständlich mit Qualität beschäftigen.Gerne würden wir uns mit voller Kraft diesem großen und vielschichtigen Thema widmen. Realität aber ist, dass wir erst unseren Berufsstand sichern müssen", eröffnete BdB-Vorsitzende Thorsten Becker die Jahrestagung 2018.  Einige Berufsbetreuer hätten aufgrund der prekären Arbeitsbedingungen bereits aufgeben müssen. Für diejenigen, welche weiter machen, gelte: "Jetzt erst recht. Wir kämpfen für leistungsgerechte Bezahlung."

Bundesjustizministerin Dr. Katarina Barley (SPD) unterstützte die Forderung des BdB. In ihrem Grußwort, welches Ministerialdirektorin Beate Kienemund überbrachte, sagte die Ministerin: "Auch das Bundesministerium weiß um die Bedeutung der Betreuung für das Betreuungswesen. Um die berufliche Betreuung zu sichern, brauchen wir eine angemessene Vergütung." Das Ministerium führe weiterhin mit den Ländern Gespräche, welche Möglichkeiten unter Berücksichtigung der qualitativen Aspekte bestehen. Außerdem kündigte die Ministerin einen Diskurs an zu „Selbstbestimmung und Qualität im Betreuungsrecht“, welcher im Sommer starten soll. Dabei sei das Ministerium auf die Erfahrung und Praxiswissen des BdB angewiesen.  

Mit nach eigenen Angaben "leeren Taschen" dagegen betrat Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Bündnis 90/Die Grünen) das Podium. Aktuell würden Bund und Länder erste Gespräche über eine grundlegende Reform des Betreuungsrechts führen. Es stimme ihn nachdenklich, dass rechtliche Betreuung als Notfallinstrument vor dem Hintergrund unzureichender Sozialhilfesysteme eingesetzt werde.

"Sie sind für mich die Helden und Heldinnen des Selbstbestimmungsrechts von Menschen mit Unterstützungsbedarf", so die ehemalige Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Bündnis 90/Die Grünen). Die Hauptrednerin sponn in ihrem Vortrag einen großen Bogen unter der Überschrift: "Werte im Wandel und ihr Einfluss auf die gesellschaftliche Wahnehmung von Betreuung". Sie machte deutlich: Das finanzielle Ausbluten von Betreuungsleistungen führe dazu, dass Deutschland seinen Verpflichtungen gegenüber Menschen mit Unterstützungsbedarf nicht nachkomme.

"Wir bleiben dran. Wir verschieben es nicht auf den Sankt-Nimmerlein-Tag."
Berlins Justizsenator Dirk Behrendt zur Vergütungserhöhung
"Um die berufliche Betreuung zu sichern, brauchen wir eine angemessene Vergütung."
Dr. Katarina Barley, Bundesjustizministerin

Kampagne "Baustelle Betreuung" startet

Unter dem Titel " Wir haben die Schaufel voll" hat der BdB seine Kampagne "Baustelle Betreuung" auf der Jahrestagung gestartet. Auf einer eigens eingerichteten Baustelle haben die Tagungsteilnehmer die Gelegenheit für "Selfies" und sich professionell fotografieren zu lassen. Am ersten Tag standen die Landesgruppen Schlange. Lachend und scherzend schlüpften sie in Warnwesten und griffen zum Schlagbohrer - trotz des ernsten Themas, der prekären Situation durch die fehlende Vergütungserhöhung. 

Mehr Infos unter www.baustelle-betreuung.de und in der kommenden Ausgabe der bdbaspekte (1. Juli).

BdB-Jahrestagung in Berlin gestartet

Berlin, 3.5.2018 - Mehr als 300 Gäste besuchen die BdB-Jahrestagung in Berlin. In ihrem Eröffnungsvortrag "Werte im Wandel und ihr Einfluss auf die gesellschaftliche Wahrnehmung von Betreuung" sagt die ehemalige Gesundheitsministerin Andrea Fischer: "Sie sind für mich Helden und Heldinnen des Selbstbestimmungsrechts für Menschen mit Behinderungen." Beate Kienemund (Ministerialdirektorin im Bundesjustizministerium) überbrachte von Ministerin Dr. Katarina Barley (SPD): "Um die berufliche Betreuung zu sichern, brauchen wir eine angemessene Vergütung." Berlins Justizsenator Dr. Dirk Behrendt (Bündnis 90/Die Grünen) kam "mit leeren Taschen". Jedoch gab der ehemalige Betreuungsrichter die Zusage, die Länder wollten die Vergütungsfrage nicht "auf den Sankt-Nimmerlein-Tag verschieben". Tosenden Applaus erhielt Peter Winterstein (Vorsitzender des Betreuungsgerichtstag), der in seinem Grußwort in Bezug auf die ausstehende Vergütungserhöhung fragte: "Worauf warten die Länder? Ich nehme wahr, dass Justiz- und Finanzminister sich weigern, Realität wahrzunehmen."  Wer es noch nicht weiß: Berufsbetreuer haben "die Schaufel voll", so der Titel der BdB-Kampagne (Bild links, Karikatur: Dorthe Landschulz).

"In die AG Datenschutz sollte wirklich jeder Berufsbetreuer. Schließlich geht es um unsere Klienten. Ich lerne total viel."
Thomas Buck, Berufsbetreuer aus Schleswig-Holstein zur Arbeitsgruppe 8
"Für mich war besonders Thorsten Beckers Bericht interessant: wie die politische Entwicklung sich zugespitzt hat. Dass sich erst so viele Politiker für die Vergütungserhöhung ausgesprochen hatten und jetzt nicht zu ihrem Wort stehen. Jetzt ist es besonders wichtig, alle Kräfte zu mobilisieren."
Waldemar, Ostrowski Niedersachsen

Exposés und Dokumentation zu Arbeitsgruppen und Foren

Prof. Dr. med. Wolfgang Schwarzer, Andrea Schwin-Haumesser

Menschen mit einer „Persönlichkeitsstörung“ gewinnen in der rechtlichen Betreuung eine immer größere Bedeutung.

Dabei ist der Begriff in der Psychiatrie nicht unumstritten. Persönlichkeitsstörungen führen in der Regel zu Beziehungsstörungen und Konflikten (auch mit den Betreuer/innen) bis hin zu erheblichen sozialen Problemen.

Vor allem Menschen mit einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung, insbesondere vom Borderline-Typ, mit einer narzisstischen oder dissozialen (antisozialen) Persönlichkeitsstörung führen Betreuer/innen schnell an ihre Grenzen und erfordern im Umgang hohe fachliche und menschliche Kompetenz.

Nach einem fachlichen Input, der Persönlichkeitsstörungen definiert und einzelne in ihrer Ausprägung beschreibt, werden unter Einbeziehung von Fragen und Fallbeispielen der Teilnehmerinnen praktische Aspekte des Umgangs mit den Betroffenen erarbeitet.

Angela Roder, Klaus Förter-Vondey

Der Versuch, zu einer Erhöhung der Vergütung - und damit zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu gelangen, ist zunächst gescheitert. Ein nächster Anlauf wird nach der Regierungsfindung und den Entwicklungen in den Ländern nicht einfacher. Was bedeutet das für jede/jeden einzelnen von uns? Wie gehen wir in der beruflichen Praxis unter den Bedingungen mit wachsenden Anforderungen um?

Eine Möglichkeit mit der Lage umzugehen ist mehr Effizienz, Effektivität bei guter Qualität in der Arbeit mit Hilfe eines Verfahrens zu erreichen. Was sich nach mehr Leistung unter schlechten Bedingungen anhört, ist aber als zielgerichteter Umgang mit den beruflichen Aufgabenstellungen unter aktuellen schlechten Bedingungen zu verstehen, um sowohl die eigene Überlebensfähigkeit zu sichern als auch die Unterstützung von Klientinnen und Klienten gewährleisten zu können.

Die Zurüstung zur Selbstsorgekompetenz von Klient/innen mit dem Verfahren des Besorgungsmanagements ist ein Vorgehen, was die Konzentration auf die Aufgabenstellung schärft (Effizienz) und eine situationsbedingte Unterstützung ermöglicht (Effektivität). Das fachliche Vorgehen kann darüber hinaus dazu beitragen, die Betreuung durch das Tal des politischen Verharrens bis zur Anerkennung unserer Profession überbrücken zu können.

Anhand eines Fallbeispiels wird die Bedeutung des Vorgehens für Ihre Praxis veranschaulicht.

Rainer Sobota, Matthias Rosemann

Am 23.12.2016 hat der Bundestag die Reform der Teilhabegesetzgebung beschlossen. 2017 wurden „kleinere“ Veränderungen umgesetzt. Zum 01.01.2018 hat die Reform zum großen Sprung angesetzt. Die 2. Stufe der Rakete „Bundesteilhabegesetz“ wurde gezündet, aber es gab keinen Knall. Spürbare Veränderungen hat es aber noch nicht gegeben. Das SGB IX gilt mit seinem Teil 1 und 3; der Teil 2 wird dann ab 2020 umgesetzt.


Tatsächlich sind die im Gesetz vorgesehenen Regelungen aber durchaus tiefgreifend:


• Es ist ein einheitliches Verfahren für die Bemessung und Zuerkennung von Teilhabe- und Rehabilitationsleistungen vorgesehen.


• Die Leistungen sollen personenzentriert, unabhängig von dem Ort der Umsetzung (stationär oder ambulant) und


• gleichsam möglich „aus einer Hand“ gewährt werden.


Die Leistungsgewährung soll auf der Grundlage einer vorher mit dem/der Klient/in durchgeführten Planung, die in einem Teilhabeplan festgehalten wird, Leistungsträger übergreifend geplant und gewährt werden.


In der Arbeitsgruppe soll herausgearbeitet werden, welche Aufgaben Betreuer/innen im Rahmen der Umsetzung des BTHG haben, wie sie in den Planungsprozess einbezogen werden und wie die neuen Regelungen zum Vorteil ihrer Klientinnen und Klienten genutzt werden können.

Iris Peymann, Prof. Dr. Tilman Steinert

„Ziel des beruflichen Handelns von Betreuerinnen und Betreuern ist die Sicherstellung von Mitwirkungs- und Mitentscheidungsmöglichkeiten der Klientinnen und Klienten im Rahmen von Unterbringung und Behandlung…“1

Hierfür wurde ein Konzept in Form eines Standards entwickelt, dass innerverbandlich bereits in der Diskussion und in einem Konsentierungsprozess steht, im außerverbandlichen Kontext aber noch keine Verbreitung gefunden hat. Die Entwicklungen von Standards verstehen wir als Teil einer Qualitätssicherungsstrategie. Standards sollen das betreuerische Handeln regelhaft und wissensbasiert darstellen und überprüfbar machen. Für Klientinnen und Klienten und deren Umfeld soll Betreuung transparent und nachvollziehbar sein- für Betreuerinnen und Betreuer sollen die Standards  Unterstützung bei der Ausübung ihres betreuerischen Arbeitens anbieten, sie sollen helfen fachlich nachvollziehbar und damit auch unangreifbar in besonders relevanten Lebenslagen von Klient/innen handeln zu können.

Durch die Entwicklung von Standards in besonderen Lebenslagen- hier denken wir vor allem an Situationen, die grundrechtsrelevante Auswirkungen haben, wie bei der Unterbringung und Zwangsbehandlung- werden im täglichen gemeinsamen Handeln unterschiedlicher Professionen Zuständigkeiten transparent.

Das Thema der Vermeidung von Zwang im Bereich der medizinischen Behandlung wird bereits im Rahmen einer Studie des vom Bundesministeriums für Gesundheit geförderten Projekts „Zwangsmaßnahmen im psychiatrischen Hilfesystem: Erfassung und Reduktion  (ZIPHER)“2 und „Vermeidung von Zwangsmaßnahmen im psychiatrischen Hilfesystem (ZVP)“3 beforscht- wir sehen hier Anknüpfungspunkte und wünschen uns einen Austausch.

Wir möchten in dieser Arbeitsgruppe unser Konzept für einen ersten Standard zur Vermeidung von Zwangsbehandlung und Unterbringung vorstellen und mit Berufsbetreuer/innen im Hinblick auf die Berufspraxis sowie mit in der Praxis beteiligten Akteuren diskutieren.

Das Ergebnis der Diskussion der Arbeitsgruppe soll im weiteren Konsentierungsprozess mit berücksichtigt werden.


1   Angela Roder: Entwicklung fachlicher Standards-Dem Beruf eine Visitenkarte verleihen, in kompass-Fachzeitschrift für das Betreuungsmanagements 4,:1,21-27

2   Projekt der Universitäten Ulm (Zfp Südwürttemberg), Bochum und Greifswald sowie des ZI Mannheim

3   Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde e.V. in Kooperation mit der Aktion Psychisch Kranke e.V., der psychiatrischen Universitätsklinik der Charité, des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und der Universität Hamburg

Hennes Göers; Bärbel Will

Die vorgelegte Studie des BMJV ist der Beginn einer umfangreichen Diskussion um die Weiterentwicklung des Betreuungsrechtes. Es geht dabei aber nicht nur um die materiellen Rahmenbedingungen. Der Bericht bestätigt Qualitätsdefizite im Betreuungswesen auf der Basis objektiver und empirisch repräsentativer Daten und bildet damit die Grundlage zu einer Reform der Betreuung mit einer höheren Qualität und Professionalität.

Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich zunächst mit den Inhalten der Studie und betrachtet deren Ergebnisse aus dem Blickwinkel von Betreuungsbüros und –vereinen. Wir beschäftigen uns mit den sich daraus ergebenden Forderungen und Konzepten unseres Verbandes und beschäftigen uns schließlich mit der Frage, welche Risiken oder Chancen sich dadurch abzeichnen werden.

Das Ziel der Arbeitsgruppe ist die Vermittlung von Fakten aus dem Bericht, die Entwicklung von Ideen sowie die Erarbeitung von Strategien und Konzepten mit dem Ziel, „seinen“ Betrieb zukunftsorientiert zu gestalten.

Kay Lütgens, Siegmar Mücke

Eine Betreuung soll vor allem als Unterstützung und nicht als Bevormundung verstanden werden – dies war gerade das Ziel, als das Betreuungsrecht 1992 in Kraft getreten ist.

Aber wurde dieses Ziel tatsächlich erreicht?

Oft sehen sich Betreuerinnen und Betreuer schon aus Zeitmangel dazu gedrängt, kurzerhand stellvertretend zu entscheiden anstatt ihre Klientinnen und Klienten bei einer Entscheidungsfindung und bei der Umsetzung der so getroffenen Entscheidung lediglich zu unterstützen.

Im Strafprozess steht Betreuer/innen kein Zeugnisverweigerungsrecht zu – sie müssen unter Umständen auch in einem gegen den Klienten bzw. die Klientin gerichteten Strafverfahren wahrheitsgemäß aussagen. Gegenüber Sozialleistungsträgern, dem Betreuungsgericht und den Finanzbehörden müssen Sie zutreffende Angaben machen – auch, wenn diese für den Klienten oder die Klientin unangenehme Folgen haben.

Und in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren werden auch geschäftsfähige Klient /innen automatisch handlungsunfähig, sobald der Betreuer bzw. die Betreuerin das Verfahren an sich zieht.

Über diese Folgen der Einrichtung einer Betreuung wird der/die Betroffene im Laufe des Betreuungsverfahrens nicht aufgeklärt – ebenfalls nicht über die möglicherweise mit der Einrichtung einer Betreuung für ihn/sie verbundenen Kosten.

Im Rahmen dieser Arbeitsgruppe sollen die gegenwärtige Rechtslage und die sich daraus ergebenden Konsequenzen zunächst näher dargestellt werden, in einem zweiten Teil soll versucht werden, hierzu praktikable Lösungsansätze zu finden bzw. eine Arbeitsmethode aufzuzeigen, die dem Anspruch der UN-BRK gerecht wird sowie den Qualitätsanspruch unserer Tätigkeit sichert.

Lars Mückner, Lydia Rensen

In ihrem Aufgabenkreis vertreten Betreuer/innen ihre Klienten und Klientinnen gerichtlich außergerichtlich (§ 1902 BGB). Sie haben Wünschen der Klient/innen zu entsprechen, soweit dies deren Wohl nicht zuwiderläuft und der Betreuerin bzw. dem Betreuer zuzumuten ist. Ehe Betreuer/innen wichtige Angelegenheiten erledigen, besprechen sie diese mit ihren Klient/innen, soweit dies deren Wohl nicht zuwiderläuft (§ 1901 Abs. 3 BGB). Selbst über Entscheidungen zum Lebensende beraten rechtliche Betreuer/innen, sie informieren sich auch über die Wünsche ihrer Klient/innen (§ 1901a BGB, der 2017 neu eingefügte Abs. 3 legt Betreuer/innen weitere Pflichten auf).

Betreuer bzw. Betreuerinnen dürfen nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Vertretung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 S. 1 BGB); darum dürfen sie auch nur dort handeln, wo es ihre Klient/innen nicht selber können; schließlich haben Betreuer/innen innerhalb ihres Aufgabenkreises dazu beizutragen, dass Möglichkeiten genutzt werden, die Krankheit oder Behinderung zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 1901 Abs. 4 BGB). Voraussetzung ist, dass die Betreuer/innen im erforderlichen Umfang persönlich Kontakt zu Ihren Klient/innen halten.

Wer das nicht kann oder will, ist nicht geeignet und darf nicht als Betreuer bzw. Betreuerin bestellt werden (§ 1897 Abs. 1 BGB).

Toll. Das soll das Thema dieser Arbeitsgruppe sein? Ein Gesetz lesen kann jeder. Und damit sollte eigentlich alles gesagt sein. Ist es aber nicht.

Denn: Qualitativ hochwertige Betreuungsarbeit kann geplant werden. Vom Beginn der Tätigkeit an, über jeden Jahresbericht und bei jeder Vertreterentscheidung sind die oben genannten Prinzipien zur Ermittlung der Wünsche der Klient/innen zu beachten. Selbst wenn es nicht im Gesetz stünde, Art. 12 der UN BRK würde den Staat [und damit die Justiz vom Amtsgericht über Landgericht und BGH bis zum Verfassungsgericht sowie die Betreuungsbehörden] verpflichten, dieselben Prinzipien zu wahren.

Die Forderung aufzustellen ist billig.

Aber wie kann das in der Praxis gelingen?

Begrüßen Sie Ihre Klient/innen mit der Frage, wie sie sich eigentlich ihren Tod vorstellen, oder fragen Sie doch vielleicht zuerst nach den Lieblingsspeisen und der Religionszugehörigkeit?

Wie gehen Sie mit Menschen mit eingeschränktem Ausdrucksvermögen um?

Wie erfahren Sie von Menschen mit reduzierten kognitiven Fähigkeiten etwas über deren eigene Wünsche?

Und vor allem – welche Kommunikationsform passt zu Ihnen?

Nicht jede Bürokauffrau – auch wenn sie eine ausgezeichnete Betreuerin ist – hat eine Affinität zu Rollenspielen. Nicht jeder Pädagoge bringt es emotional über sich, nach dem Tod von Angehörigen und den Schlussfolgerungen für das eigene Leben zu fragen. Die beruflichen Vorerfahrungen und die Lebenswirklichkeit der Akteure im Betreuungswesen sind bunt, vielfältig und alles andere als einheitlich.

In der Arbeitsgruppe sollen verschiedene Methoden der Ermittlung von Wünschen der Klient/innen vorgestellt und diskutiert werden. Wer extrovertiert ist, ist eingeladen, den eigenen Zugang zu seinen Klient/innen kurz zu skizzieren und einer größeren Gruppe vorzustellen. Wer für sich noch den Weg nicht gefunden hat oder lieber nicht laut sprechen mag, kann einfach still teilnehmen und Anregungen und Ideen sammeln.

Die berufliche Erfahrung zeigt: Kein Weg ist zu verrückt, um ihn nicht wenigstens einmal zu versuchen.

Denn es sind die Klient/innen, die das Gespräch bestimmen. Sie sind es, die uns nicht verstehen.

Wilk Spieker, Peggy Sylopp

Die Daten ihrer Klient/innen liegen Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuern sehr am Herzen, ab Mai 2018 auch der/dem LDI (Landesbeauftragte/r für Datenschutz und Informationsfreiheit).

Das Europäische Parlament hat vor Jahren die Datenschutzgrundverordnung auf den Weg gebracht, persönliche Daten sollen besser geschützt werden. Nun ist es soweit: Am 25. Mai 2018 findet die Einführung der DSGVO statt und das Bundesdatenschutzgesetz hat ausgedient.

Auch im Betreuungsbüro werden Veränderungen dringend erforderlich sein, die Digitalisierung wird vor dem Büro von Betreuerinnen und Betreuern nicht haltmachen – auf dem Weg zum Betreuungsbüro 4.0.

Neben dem Schutz der Daten unserer Klientinnen und Klienten wird es auch darum gehen, als Betreuerin bzw. Betreuer mögliche hohe Bußgeldstrafen zu vermeiden.

Das Seminar gliedert sich in drei Blöcke:

1.

Zunächst werden wir gemeinsam einen Einstieg in das DSGVO finden, uns dazu u.a. relevante Artikel näher betrachten. Wir werden uns Definitionen und Begriffe aus dem Gesetz erarbeiten und die Auswirkungen der DSGVO auf unsere Arbeit im Betreuungsbüro herausfinden.

2.

Im praktischen Teil des Seminars werden Arbeitsvorlagen vorgestellt, die bei der Beachtung und für das korrekte Einhalten der DSGVO in der Zukunft im Betreuungsbüro verwendet werden können. Auch einige Informationen/ Programme zum Schutz der Daten auf dem Handy/PC werden vorgestellt.

3.

„Fragestunde“ - jede/r Teilnehmer/in hat ein eigenes System, Daten von Klient/innen zu speichern. Den vielen möglichen Fragen, wie dies mit der neuen Datenschutzgrundverordnung in Einklang zu bringen ist, wollen wir hier Raum lassen.

Stephan Krämer

Die Thematik „Migration“ berührt in immer stärkerem Maße die Betreuungsarbeit. Nach und nach sorgen die Helfer/innen-Netzwerke, aber auch Behörden (Jobcenter etc.) dafür, dass Betreuungsverfahren auch für den Personenkreis mit Migrationshintergrund (hierzu zählen auch Geflüchtete) eingeleitet werden.

Neben den kulturellen und sprachlichen Herausforderungen stellt sich auch eine Reihe von Rechtsfragen. Angesichts fehlender eigener Erfahrung von Betreuer/innen ohne Migrationshintergrund betreten diese unbekanntes Terrain und machen Erfahrungen, die üblicherweise bei Klient/innen ohne Migrationshintergrund nicht Bestandteil der Betreuungsarbeit sind.

Die Arbeitsgruppe soll zum einen ein Forum zum Benennen von „Baustellen“, zum anderen aber auch der Darstellung eines produktiven Umgangs mit den Herausforderungen dienen.

Zielgruppe: professionelle Betreuer/innen, die bereits (erste) praktische Erfahrungen in der Betreuung von Migrantinnen und Migranten gesammelt haben

Geplanter Ablauf:

1. Vorstellungsrunde (Ablauf und Referenten)

2. Sammlung von Erwartungen und Themen aus dem   
    Teilnehmerkreis in einem Themenspeicher (Flipchart)

3. Behandlung der Themen aus dem Themenspeicher,
    alternativ eine Kurzpräsentation (als PowerPoint
    Präsentation) folgender Themen mit dem Ziel,
    Handlungsoptionen für die Teilnehmer/innen zu
    entwickeln:

  • Problematik der Kosten für den Einsatz von Dolmetschern/Umgang mit Sprachbarrieren

  • Vermeidung von und Umgang mit den rechtlichen Konsequenzen bei Handlungen des Klienten/der Klientin, die als Ausweisungsgründe gelten (z.B. Betäubungsmitteldelikte)

  • Abgrenzung von gesetzlich geforderten Tätigkeiten des Betreuers/der Betreuerin von durch den Klienten bzw. die Klientin gewünschten Tätigkeiten (z.B. Organisieren des Familiennachzugs)

  • rechtliche Betrachtung von Scheinehen

  • rechtliche Hürden beim Erwerb der Niederlassungserlaubnis bzw. bei der Einbürgerung

4. Niederschreiben von „best practice“ (Flipchart)

5. Feedback-Runde

Eine Diskussion über die gegenwärtige Rechtslage ist ausdrücklich nicht vorgesehen, schon allein deshalb, weil momentan ungewiss ist, welche Regelungen Bestand haben werden bzw. mit welchen Änderungen zu rechnen ist, wenn der Regierungsbetrieb auf Bundesebene aufgenommen wird.

Alexander Kutscher, Eberhard Kühn

Unsere Gesellschaft wird immer älter! Was betriebswirtschaftlich betrachtet vielleicht Hoffnung auf eine stabile oder gar steigende Nachfrage nach gesetzlicher Betreuung schüren mag, stellt andererseits für das Betreuungssystem in seiner Gesamtheit ein gravierendes Problem dar: In den nächsten 10 Jahren wird fast die Hälfte der momentan tätigen Kolleginnen und Kollegen das gesetzliche Rentenalter erreicht oder überschritten haben.

Bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Betreuungswesen und eingedenk der konkurrierenden Angebote auf dem Arbeitsmarkt stellt die Gewinnung neuer, geeigneter Berufsbetreuer/innen eine enorme Herausforderung dar. Das Fehlen einer verbindlichen Berufsordnung und die regional unterschiedlichen Handhabungen der Nachwuchsrekrutierung zwingen den Berufsinhaber/innen und letztlich auch dem Berufsverband die Entwicklung eigener Konzeptionen auf.

Neben der Gewinnung von jungen Kolleg/innen sind in der Verbandsstrategie zur Etablierung von professioneller Betreuung als anerkanntem Beruf der Erhalt und die Entwicklung von Qualität in der Betreuungsführung von zentraler Bedeutung. Dabei stellt die Konservierung und Weitergabe des enormen Humankapitals, das durch die nach und nach ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen unrettbar abzufließen droht, eine Hauptaufgabe dar.

Somit rücken der qualifizierte Berufseinstieg und die professionelle Berufsaufgabe nicht nur von ihrer jeweiligen Bedeutung her wieder ganz nahe zusammen.

Die aktuelle Arbeitsgruppe knüpft an die thematisch ähnlichen Arbeitsgruppen auf den letzten Jahrestagungen an, setzt aber den Fokus auf die Kooperation und die Auseinandersetzung mit den Betreuungsgerichten und –behörden. Es wird explizit um die Argumentationshilfen und die Darstellung von Möglichkeiten gehen, in den einzelnen, unterschiedlich strukturierten Regionen die Behörden und Gerichte mit in die Verantwortung zu nehmen und für einen gemeinsamen Gestaltungsprozess zu gewinnen.        
Dazu sind belastbare, aufbereitete Daten und Fakten ebenso notwendig wie das persönliche Engagement und das „richtige“ Kommunikationsgeschick der etablierten Kolleginnen und Kollegen vor Ort.

Die Arbeitsgruppe wendet sich wieder insbesondere an die Kollegen und Kolleginnen, die in den nächsten Jahren ihre Berufsaufgabe planen und dabei ihr Wissen und ihre Netzwerkstrukturen an eine/n Nachfolger/in übergeben wollen. Natürlich ist die Arbeitsgruppe auch offen für alle, die sich Unterstützung bei ihrer Berufsaufgabe erhoffen und auf den letzten Stand der Ausstiegskonzeption gespannt sind. Letztlich möchten wir auch „Netzwerker“ ansprechen, die mit den regionalen Behörden und Gerichten in Kooperation treten wollen, um das Thema Qualität in der Betreuungsarbeit und die Entwicklung von mehr Professionalität voranzubringen.

Dr. med. Tanja Richter, Christian Kästner

In Deutschland werden ca. 1,3 Millionen Menschen rechtlich betreut. In 65% der Erstbestellungen von rechtlichen Betreuern/ innen wird auch oder ausschließlich der Aufgabenkreis Gesundheitssorge eingerichtet, in 20% ist eine Demenz Grund für die Bestellung (Qualitätsbericht 2005). Im Kontrast hierzu verfügt der weit überwiegende Teil der Betreuer/innen über keinerlei Ausbildung im Gesundheitsbereich. Auch Weiterbildungs-angebote für diesen Aufgabenkreis sind rar.

Inhalte der Gesundheitssorge sind im Wesentlichen Entscheidungsprozesse zu medizinischen und pflegerischen Maßnahmen und ggf. die Einwilligung in Heilbehandlungen. Für solche Prozesse stellen sich bei der Betreuung von Menschen mit Demenz besondere Herausforderungen, wie beispielsweise die folgenden Fragen:

-    Kann der Wunsch eines Klienten/einer Klientin mit
     Demenz immer festgestellt werden?
-    Was ist zu tun, wenn dies nicht der Fall ist?
-    Was bedeutet "zum Wohle des Klienten/der Klientin"?
-    Welche besonderen ethischen Fragestellungen ergeben
     sich in diesen Entscheidungsprozessen?

In dieser Arbeitsgruppe möchten wir mit den Teilnehmer/innen diese und mehr Fragen diskutieren.

Sie werden zu verschiedenen Schwerpunktthemen kurze Vorträge als Diskussionsgrundlage hören, zusätzlich erhalten Sie weitere Literaturhinweise, um das Thema bei Bedarf zu vertiefen.

Fred Rehberg, Klaus Fournell

„Sie sind aber doch der Betreuer!!!“

Der Betreueralltag besteht neben den Kernaufgaben oft darin, sich selbst darüber klar zu werden, wo die Grenzen der eigenen Aufgaben sind – und sich dann in einem zweiten Schritt mit den Vorstellungen und Ansprüchen Dritter (Angehörige, Krankenhäuser, Banken etc.) auseinanderzusetzen.

Der unspezifische Begriff der „Betreuung“, gepaart mit dem verbreiteten Unwissen zu unserem Arbeitsfeld, weckt diffuse Erwartungen und Begehrlichkeiten. Unterschiedliche Akteure beanspruchen die Betreuung für ihre jeweils eigenen Interessen:

Leistungserbringer, z.B. Sozialämter, verweigern Rechtsansprüche auf andere Hilfen mit dem Hinweis, es gebe ja den/die rechtliche Betreuer/in. Betreuer/innen sollen das soziale Versorgungssystem entlasten, die Interessen von Nachbarn und Angehörigen durchsetzen und bei Bedarf „für Ordnung sorgen“, wenn Ärzte, Pädagogen und sonstige Fachkräfte mit ihrer Weisheit am Ende sind.

Das beste Mittel im Umgang mit falschen Leistungserwartungen ist ein selbstbewusster Zugang zum eigenen Beruf, mit einer klaren Orientierung in Bezug auf die eigene Rolle und Funktion.

In einer fall- und praxisorientierten Diskussion, angereichert mit kurzen Impulsreferaten, werden wir

-   das berufliche Verantwortungsprofil im Rahmen der 
    gesetzlichen Vorgaben herausarbeitenden
-   den Umgang mit Widersprüchen zwischen beruflicher   
    Verantwortung und materiellen Rahmenbedingungen
    thematisieren
-   mögliche Abgrenzungskriterien an der Schnittstelle zum
    Versorgungssystem ins Auge fassen
-   und an Hand der Beispiele aus der Gruppe praxisnahe
    Lösungen erarbeiten.

Methoden: Vortrag, Diskussion, Arbeitsgruppen, Rollenspiel

Silke Hagenow-Ukat, Jochen Halbreiter

Die Vermögenssorge ist nach Angaben von Betreuerinnen und Betreuern der mit Abstand häufigste Aufgabenkreis bei der Erstanordnung einer Betreuung. Oft bedeutet es, dass eine freie Verfügung über die Konten durch den Klienten bzw. die Klientin nicht mehr gegeben ist. Ursachen sind regelmäßig nicht der Betreuer bzw. die Betreuerin oder der Aufgabenkreis als vielmehr die Arbeitsanweisungen der Banken.

Selbstbestimmung in Vermögensfragen oder Schutz vor unvernünftigen Handlungen – dieses Spannungsfeld wird gemeinsam in der Arbeitsgruppe beleuchtet. Themen werden sein die Anordnung und Folgen eines Einwilligungsvorbehaltes, unterschiedliche Kontenmodelle, die Frage des Online-Bankings und der Kontoauszüge, Legitimationsproblematiken und Gemeinschaftskonten bei Ehegatten.

Wie kann es Betreuerinnen und Betreuern gelingen, bei uneinheitlichen Anwendungsmodi der Banken, Haftungs- und Legitimationsproblemen den Anforderungen der UN-BRK nach einer vollschichtigen Rechts- und Handlungsfähigkeit ihrer Klient/innen gerecht zu werden.

Wir wollen gemeinsam mit Ihnen Situationen analysieren und Strategien erarbeiten, um Ihnen ein Werkzeug im Alltag mitzugeben und mutig gegenüber Banken im Interesse Ihrer Klientinnen und Klienten aufzutreten.

Achim Rhein, Dr. Johannes Christian Wichard, Peter Winterstein, Thorsten Becker

Moderation Dr. Harald Freter

Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung heißt es zum Betreuungsrecht:

Wir werden das Vormundschaftsrecht modernisieren und das Betreuungsrecht unter Berücksichtigung der Ergebnisse der jüngst durchgeführten Forschungsvorhaben in struktureller Hinsicht verbessern. Im Einzelnen wollen wir den Vorrang sozialrechtlicher Hilfen vor rechtlicher Betreuung, die Qualität der Betreuung sowie Auswahl und Kontrolle von Betreuerinnen und Betreuern, das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen („Unterstützen vor Vertreten“), sowie die Finanzierung der unverzichtbaren Arbeit der Betreuungsvereine in Zusammenarbeit mit den Ländern stärken. Für eine angemessene Vergütung der Berufsbetreuerinnen und -betreuer wollen wir ebenfalls zeitnah Sorge tragen.

Damit wird – zumindest als Absichtserklärung – zentralen Forderungen u.a. des BdB entsprochen. Ausdrücklich Bezug genommen wird auf die beiden vom BMJV beauftragten Forschungsvorhaben zur Qualität und zum Erforderlichkeitsgrundsatz. Zu beiden Projekten liegen die Abschlussberichte inzwischen vor.

Es ist davon auszugehen, dass gerade die Ergebnisse der Qualitätsstudie die Diskussion um Veränderungen im Betreuungsrecht maßgeblich beeinflussen werden. Immer wieder wurde gerade von Länderseite darauf verwiesen, dass der Abschlussbericht erst vorliegen müsse, bevor über Veränderungen diskutiert werden kann. Das ist nun der Fall und es werden diverse strukturelle Defizite im Betreuungswesen aufgezeigt und es werden langjährige Forderungen u.a. des BdB zu Vergütung, Qualität, Zulassung und Ausbildung in weiten Teilen bestätigt.

Insbesondere in der Vergütungsfrage ist aus dem Bericht deutlich abzuleiten, dass der tatsächliche Zeitaufwand für eine Betreuung mit durchschnittlich 4,1 Stunden deutlich höher ist als der abrechenbare mit durchschnittlich höchstens 3,3 Stunden. Weiter wird deutlich, dass der Bruttoverdienst eines vergleichbaren im öffentlichen Dienst tätigen Arbeitnehmers um 25 % höher ist als das ermittelte Einkommen eines selbständigen Berufsbetreuers.

Aus beidem haben auch Verbände im Kasseler Forum die Sofortforderung abgeleitet, den Stundensatz in der höchsten Vergütungsgruppe von 44,- Euro auf 55,- Euro zu erhöhen (die übrigen entsprechend) und die abrechenbaren Stunden gemäß Berichtsergebnis um durchschnittlich 24 %.

Im Forum soll es darum gehen, die Ergebnisse der Abschlussberichte vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklungen zu diskutieren mit Blick vor allem auf die Chancen und Möglichkeiten der Entwicklung des Betreuungswesens in der laufenden Legislaturperiode.

Horst Deiner, Nicole Genitheim, Rainer Sobota

Moderation: Heike Looser

Die vom BMJV in Auftrag gegebene und vom ISG durchgeführte Studie zur Vergütung und Qualität in der rechtlichen Betreuung hat nachgewiesen, was Betreuer/innen schon seit Langem fordern: Der Stundensatz muss von derzeit 44 Euro auf mindestens 55 € erhöht werden und das Vergütungssystem muss so geändert werden, dass die derzeit vergüteten Arbeitsstunden der Berufsbetreuer/innen von durchschnittlich 3,3 Std./Fall/Monat auf mindestens 4,1 Std./Fall/Monat angepasst werden.


In der Untersuchung zur Qualität in der rechtlichen Betreuung wurde mehr als deutlich, dass die Praxis noch weit davon entfernt ist, sich an den Anforderungen der UN-BRK auszurichten. Hauptgrund dafür ist das aktuelle Vergütungssystem, dass keine Rücksicht auf den heute erforderlichen Bearbeitungsaufwand nimmt. Das System wurde 2005 eingeführt und basiert auf einer Auswertung der Daten vom Ende des letzten Jahrtausends.


Ausgehend von den seit 2005 mit dem bestehenden System gemachten Erfahrungen hat es den Anschein als reiche eine bloße Anpassung der Stundenzahlen innerhalb des bestehenden Systems nicht mehr aus. Es muss ein bedarfs- und leistungsgerechteres System erarbeitet werden. Welche Forderungen hat der BdB dazu und wie sehen das andere Experten des Betreuungswesens und der Wissenschaft. Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Forums.

Ulrich Engelfried, Iris Peymann, Prof. Dr. Dagmar Brosey, Angela Roder, Jurand Daszkowski

Moderation: Jochen Halbreiter

Das Wesen der Betreuung ist wie die zwei Seiten einer Medaille. Auf der einen Seite steht das Selbstbestimmungsrecht des Klienten/der Klientin, welches durch die Schaffung des Betreuungsrechtes und dessen Fortentwicklung, die Ratifizierung der UN-BRK sowie durch eine Reihe von Urteilen der Obergerichte zum Thema Unterbringung und Zwangsbehandlung sowie Entscheidungen am Lebensende in den letzten Jahren immer mehr Gewicht gewonnen hat.

Auf der anderen Seite steht die Garantenpflicht des Betreuers/der Betreuerin, bis hin zur Stellvertretung für den nicht einwilligungsfähigen Menschen zu entscheiden und ihn damit zu schützen. Die Würde des Menschen steht im Mittelpunkt. Dazu gehören aber auch das Recht auf Gesundheit sowie das Recht auf Schutz und körperliche Unversehrtheit durch die Gesellschaft für Menschen, die für sich in dieser Situation selbst keine (guten) Entscheidungen mehr treffen können.

Schutz oder Freiheit? Muss Betreuung sich tatsächlich für einen dieser beiden diametralen Pole entscheiden oder kann auch innerhalb der Betreuung „Schutz und Freiheit“ erreicht werden? Welche Anforderungen, welche Konzepte und Ressourcen sind erforderlich, um sich in diesem Spannungsfeld, in dem es häufig um die zentralen Grundrechte eines Menschen geht, als Betreuer bzw. Betreuerin verantwortlich, aber auch abgesichert zu bewegen.

Mit langjährig erfahrenen Juristen und Juristinnen, Berufsbetreuer/innen und Wissenschaftler/innen werden die zentralen Aspekte hierzu aus unterschiedlichen Professionen beleuchtet und diskutiert – nicht in der Erwartung, diesen Konflikt generell aufzulösen, sondern um die Bedingungen herauszuarbeiten, die erforderlich sind, beide Aspekte innerhalb des Systems „Betreuung“ unter einen Hut zu bekommen.

Annett Löwe, Bärbel Will, Hennes Göers

Moderation: Dirk Brakenhoff

Das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) revolutioniert das Behindertenrecht und soll Menschen mit Behinderung zu mehr Teilhabe und individueller Selbstbestimmung verhelfen. Erste Änderungen traten 2017 in Kraft, die vollständige Umsetzung soll bis 2023 abgeschlossen sein.

Kritiker des Gesetzes bemängeln, dass der leistungsberechtigte Personenkreis mit diesem Gesetz eingeschränkt wird, die Bevormundung durch Behörden steige, ein größerer Sparzwang entstehe und sich der geplante Bürokratieabbau durch die Ausgestaltung des Gesetzes nicht realisieren lasse.

Die Unsicherheiten diesem Thema gegenüber sind groß. Auch bei rechtlichen Betreuer/innen, wirken sich die Folgen direkt auf die Fallgestaltung ihrer Klient/innen aus.

In diesem Zusammenhang ist 2018 ein neues Beratungsangebot für Menschen mit Behinderungen entstanden: die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (kurz EUTB). Dabei handelt sich um ein Beratungsangebot, das man schon in Anspruch nehmen kann, bevor man Leistungen beantragt. Diese Beratung soll niedrigschwellig sein und unabhängig von Leistungsträgern und Leistungserbringern erfolgen. Die Beratungsstellen werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) aus Bundesmitteln – vorerst – bis zum 31. Dezember 2022 gefördert.

Rechtliche Betreuer/innen sind bei diesem neuen Beratungsangebot sowohl als Anbieter/innen als auch als Nutzer/innen (für und mit ihren Klient/innen) betroffen. Als Anbieter/innen bekamen bislang nur Betreuungsvereine eine Projektzusage – als Nutzer/in sind nahezu alle Berufsbetreuer/innen betroffen.

Inhaltlich soll im Forum generell über das Bundesteilhabegesetz gesprochen werden und ihre Auswirkung auf die Betreuungspraxis. Insbesondere soll aber die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung thematisiert werden.